Zwischen Palmen, Polle und Politur – Ein Ausflug in Frankfurts grüne Schatzkammern
Frankfurt – Stadt der Banken, Börsen, Bretzel und… Botanikerträume?
Tatsächlich! Wer durch Hochhausschluchten wandelt, ahnt kaum, dass gleich ums Eck ein Paradies liegt, in dem Holzbienen brummen, tropische Blüten glühen und Bäume Geschichten erzählen. Willkommen im Palmengarten und dem angrenzenden Botanischen Garten – zwei grüne Oasen, die nicht nur Pflanzen, sondern auch Fotografen, Flaneure und Flora-Fans in Verzückung versetzen.

Der Palmengarten – wo Pflanzen Promistatus haben
Der Palmengarten wurde 1871 eröffnet – als Frankfurts Antwort auf den kolonialen Pflanzensammelrausch des 19. Jahrhunderts. Heute erstreckt sich das Gelände über 22 Hektar und beherbergt eine beeindruckende Gehölzsammlung mit über 2000 Arten. Zahlreiche Bäume stammen noch aus der Gründerzeit – und wachsen seit über 100 Jahren munter weiter.
Darunter: seltene Koniferen, Ginkgos, Eichen- und Ahornarten in allen Größen und Blattformen, Tulpenbäume, Libanon-Zedern, Sumpfzypressen und Flügelnüsse. Einige dieser Exemplare gelten als Monumentalbäume oder wurden als sogenannte Champion Trees der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ausgezeichnet – was ungefähr bedeutet: größer, schöner, eindrucksvoller als ihre Verwandten andernorts.

Argyrocytisus battandieri – Ananasduft trifft Silberblatt
Besondere Aufmerksamkeit verdient ein eher unbekannter Star unter den Blütensträuchern: Argyrocytisus battandieri (Bild oberhalb), auch Ananasginster genannt. Er stammt aus dem marokkanischen Atlasgebirge und verströmt zur Blütezeit einen süßen Duft nach reifer Ananas – kein Scherz! Seine silbrig behaarten Blätter glitzern im Sonnenlicht, als hätte sich jemand mit einem Pastellmalblock an ihm ausgelassen. Botanisch ein Hülsenfrüchtler, ökologisch ein Magnet für Insekten – und fotografisch ein echter Leckerbissen.
Palmenhaus – Tropenurlaub auf Frankfurter Art
Das Palmenhaus wurde bereits 1869 gebaut – sogar noch vor dem eigentlichen Palmengarten – und war damals eine architektonische Sensation: 52,6 Meter lang, 30,5 Meter breit, 18,5 Meter hoch – und das komplett ohne innere Stützpfeiler. Heute ist es das grüne Herz des Gartens, ein luftfeuchter Sehnsuchtsort voller Palmen, Farne, Wasserläufe und exotischer Blütenwunder.
Hier blühen tropische Schwergewichte wie Etlingera elatior (Fackelingwer), deren wachsartige Hochblätter aussehen wie luxuriöse Spa-Accessoires. Auf der Empore streifen Besucher durch Dschungelatmosphäre mit Blick auf Fischschwanzpalmen, Betelnüsse und einen plätschernden Wasserfall. Auch bei grauem Wetter: ein Kurzurlaub unter Glas.

Päonien – Drama, Duft und Doppelblüten
Kaum eine Pflanzengattung versteht es so gut, große Oper im Staudenbeet zu inszenieren wie die Päonien. Ob Paeonia lactiflora in eleganten Weißtönen oder die tiefroten Hybriden mit Namen wie „Buckeye Belle“ – diese Stauden machen keine halben Sachen. Ihre Blüten sind groß wie Suppenteller, duften betörend und scheinen immer ein wenig zu spät zur Saisonparty zu erscheinen – aber dann mit Tamtam!

Botanisch faszinierend: Päonien sind langlebige Diven. Manche Exemplare blühen seit Jahrzehnten am selben Standort – sie mögen keine Umzüge. Einmal eingepflanzt, lassen sie sich nur ungern stören. Dafür belohnen sie mit einer Blütenpracht, die Fotograf:innen regelmäßig in die Knie zwingt – meist auf der Suche nach dem perfekten Tropfen Morgentau auf samtigem Blütenblatt.
Wer den Palmengarten zur Päonienblüte besucht, erlebt einen Gartenmoment von filmreifer Schönheit. Und ja, es ist erlaubt, vor Begeisterung ein bisschen zu seufzen.

Stauden & Wasser – Bühne frei für Spiegelungen, Bokeh und Farbrausch
Was wäre ein botanischer Garten ohne seine Staudenbeete? Zwischen frühsommerlicher Pracht und spätherbstlicher Struktur offenbart sich hier ein echtes Paradies für Fotograf:innen. Salvia, Rittersporn, Astern, Taglilien und Zierlauch recken sich ins Licht – mal verspielt, mal majestätisch – und bieten das perfekte Spiel aus Farben, Höhen und Texturen. Die Beete am Schmuckhof sind besonders sehenswert und wirken zur goldenen Stunde wie gemalt.
Dann: Wasser. Ruhepol, Reflektor, Lebensraum. Die großen Wasserbecken im Palmengarten sind nicht nur botanisch interessant (mit Seerosen und Sumpfpflanzen wie Typha und Iris), sondern auch fotografisch ein Geschenk. Spätestens wenn eine Libelle über das spiegelglatte Wasser zischt oder eine Hummel im Gegenlicht auf einer Sumpfschwertlilie landet, wird klar: Hier braucht man Geduld, ein gutes Objektiv – und einen Finger am Auslöser.
Besonders lohnend: die Sichtachsen vom Wasser aus auf das Palmenhaus, bei Windstille doppelt so schön durch die Spiegelung. Wer mit Offenblende arbeitet, zaubert hier bokehreiche Kunstwerke. Ein Geheimtipp für Makro-Liebhaber: die Feuchtbiotope am Rande der Schaugewächshäuser – klein, versteckt, aber voller fotogener Details.
Schmetterlinge, Holzbienen und andere Brummer
Ein botanischer Garten ohne Bestäuber wäre wie ein Sommer ohne Eis. Zum Glück herrscht reges Treiben zwischen Blüten und Büschen. Besonders auffällig: die blaue Holzbiene (Xylocopa violacea), die mit sonorem Brummen durch den Garten zischt – ein fliegender Edelstein mit Turbomotor. Dazu gesellen sich heimische Hummeln, zarte Wildbienen und gelegentlich sogar tropische Schmetterlinge wie Morpho peleides, deren blaue Flügel in der Tropenhalle leuchten wie frisch lackiertes Aluminium.
Und wenn eine Krähe über den Ginster hopst oder keck durch das Palmenhaus ruft, hat man das Gefühl, selbst Teil einer botanischen Theaterinszenierung zu sein.

Der Botanische Garten – wild, wissenschaftlich, wunderbar
Gleich gegenüber liegt der Botanische Garten, seit 2012 Teil des Palmengartens. Er wurde bereits 1763 gegründet und zeigt in naturnahen Pflanzungen die heimische Flora Hessens. Hier wachsen seltene Wildarten wie der Diptam (Dictamnus albus) oder das stattliche Adonisröschen. Über 500 Pflanzen auf der Roten Liste sind hier zu finden – jede mit rotem Schild und klarer Mission: erhalten, schützen, sichtbar machen.
Ein besonderer Fokus liegt auf Pflanzengesellschaften – von Sanddünen über Magerrasen bis zu Buchenwäldern. Wer genau hinschaut, entdeckt unscheinbare botanische Schätze zwischen den Gräsern – und mit etwas Glück auch den einen oder anderen botanischen Fun Fact auf den Infotafeln.

Fototipps für Pflanzenjäger:innen
- Licht: Frühmorgens oder am späten Nachmittag – dann ist das Licht weich und die Blätter leuchten von innen.
- Makro-Liebe: Tropische Blüten, Holzbiene auf Lavendel, Ginsterblüten im Gegenlicht – alles perfekte Motive.
- Hintergrund beachten: Keine Hintern im Bild, lieber Laub oder Himmel.
- Tropenhaus-Glanz: Kondenswasser an Palmenblättern = magisches Bokeh.
- Gehölze in Szene setzen: Stämme schräg fotografieren, Detailaufnahmen von Rinde, Fruchtständen und Verzweigungen lohnen sich!

Fazit: Grün, grandios, ganz nah
Frankfurt kann Hochhaus, ja – aber eben auch Hortus. Der Palmengarten und der Botanische Garten bieten eine fast absurde Vielfalt an Pflanzenarten, Düften, Formen und Farben. Wer einmal die Ananaswolke des Argyrocytisus battandieri geschnuppert hat oder dem tiefblauen Flügelschlag einer Holzbiene hinterhergeschlichen ist, kommt garantiert wieder.
Ein Besuch lohnt sich nicht nur für Botaniker:innen, sondern auch für alle, die gerne fotografieren, abschalten oder einfach wieder mit Erde unter den Schuhen heimkehren möchten.
Eintritt? Fair. Erlebnis? Unbezahlbar. Und ganz ehrlich:
Wann warst du das letzte Mal auf Weltreise – mitten in Hessen?


Ein unvergessliches Wochenende im Naturparadies – Meine Erfahrung mit Aromatherapie und Wildkräutern






