Grünes Fundament der Bibel: Pflanzen, Landschaft und Leben im alten Land
„Wohl dem Menschen, der nicht dem Rat der Gottlosen folgt… sondern seine Lust hat am Gesetz des Herrn und über sein Gesetz nachsinnt. Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und dessen Blätter nicht verwelken; alles, was er tut, gelingt ihm.“ Psalm 1,1–3 –
Für mich als Naturcoach/Kräuterpädagogin zeigt dieser Vers, wie wichtig Verwurzelung, Rhythmus und Pflege sind –
für Pflanzen wie für Menschen. Ein geerdetes Leben in Verbindung mit Ressourcen (Wasser, Sonne, Boden) erzeugt Fruchtbarkeit und Standfestigkeit.
Pflanzen der Bibel – Landschaft, Klima und das grüne Fundament einer alten Welt
Wer die Bibel liest, liest immer auch Landschaft. Zwischen ihren Zeilen liegt Staub, Wind, Regen – und das leise, beharrliche Wachsen von Pflanzen. Sie sind keine Randerscheinung, sondern Teil eines Weltbildes, das zutiefst von Naturerfahrung geprägt ist. Die Menschen, die diese Texte verfassten und über Generationen weitergaben, lebten in enger Abhängigkeit von Boden, Wetter und Vegetation. Ihr Wissen war nicht akademisch, sondern existenziell. Pflanzen entschieden über Hunger oder Sattsein, über Wohlstand oder Armut, über Hoffnung oder Verzweiflung (Fünftes Buch Mose, Kapitel 11, Verse 13-15; Buch Joel, Kapitel 1, Verse 10-12). Deshalb sind sie im biblischen Text allgegenwärtig, oft still, manchmal symbolisch aufgeladen, immer aber tief im Alltag verwurzelt.
Das geografische Herzland der biblischen Überlieferungen liegt im östlichen Mittelmeerraum. Diese Region verbindet Afrika, Asien und Europa und ist geprägt von einer außergewöhnlichen landschaftlichen Vielfalt auf engem Raum (Buch Ezechiel, Kapitel 5, Vers 5). Küstenebenen mit mildem, feuchtem Klima gehen in Hügelland über, das wiederum abrupt in steile Gebirge oder trockene Wüsten abfällt (Buch Josua, Kapitel 15; Fünftes Buch Mose, Kapitel 8, Verse 7-9). Der Wechsel zwischen Regen- und Trockenzeiten ist ausgeprägt, Wasser ist ungleich verteilt, fruchtbare Böden liegen oft direkt neben kargen, steinigen Flächen (Buch Jeremia, Kapitel 17, Verse 5-8). Genau diese Gegensätze haben die Pflanzenwelt geprägt – und mit ihr die Lebensweise der Menschen.
Das vorherrschende Klima ist mediterran, mit regenreichen Wintern und heißen, trockenen Sommern. In den Monaten, in denen der Himmel sein Wasser freigibt, keimt und wächst alles, was im Boden schlummert (Psalm, Kapitel 65, Verse 10-14). Gräser, Getreide, Wildkräuter und Sträucher nutzen dieses kurze Zeitfenster (Buch Hiob, Kapitel 38, Verse 26-27). Im Sommer hingegen zieht sich das Leben zurück. Pflanzen überleben, indem sie tief wurzeln, harte Blätter ausbilden oder ihre Wachstumsphase vollständig in den Winter verlegen (Buch Jesaja, Kapitel 40, Verse 6-8). Diese Strategien sind bis heute sichtbar und prägen Olivenhaine, Weinberge, Feigenbäume und die silbrig schimmernde Vegetation der Hügel (Buch Hosea, Kapitel 14, Verse 6-8).
Die Pflanzen, die in der Bibel erwähnt werden, stammen überwiegend aus genau diesem Spannungsfeld. Es sind keine exotischen Gewächse, sondern robuste, angepasste Arten, die gelernt haben, mit Mangel umzugehen (Sprüche, Kapitel 30, Verse 25-27). Ihr Ursprung liegt häufig im sogenannten Fruchtbaren Halbmond, einer Region, die sich von Mesopotamien über das heutige Syrien und Israel bis nach Ägypten erstreckt (Genesis, Kapitel 2, Verse 10-14). Hier begann der Ackerbau, hier wurden Wildpflanzen kultiviert, hier entstanden frühe Formen von Landwirtschaft, die nicht auf Überfluss, sondern auf Stabilität ausgerichtet waren (Genesis, Kapitel 3, Verse 17-19).
Getreide spielte dabei eine zentrale Rolle. Weizen und Gerste waren die Grundlage der Ernährung, aber auch ein Maßstab für Sicherheit (Psalm, Kapitel 104, Verse 14-15). Ihre Anbauweise war eng an den Jahreslauf gebunden, an Regenzeiten und Bodengüte (Sprüche, Kapitel 20, Vers 4). Ein gutes Jahr bedeutete volle Speicher, ein schlechtes Jahr Hunger (Genesis, Kapitel 41, Verse 47-49). Diese Abhängigkeit spiegelt sich in vielen biblischen Erzählungen wider, in denen Regen als Segen und Dürre als Prüfung erscheint (1. Könige, Kapitel 17, Vers 1; Buch Sacharja, Kapitel 10, Vers 1). Pflanzen sind hier nicht nur Nahrung, sondern Ausdruck einer Beziehung zwischen Mensch und Umwelt, die von Respekt, Angst und Dankbarkeit geprägt ist.
Neben den Feldern prägten Bäume das Landschaftsbild. Sie wuchsen langsamer, aber verlässlicher, boten Schatten, Holz, Früchte und Öl (Buch Jesaja, Kapitel 55, Verse 12–13). Der Olivenbaum ist dabei besonders charakteristisch für den Mittelmeerraum. Seine Ursprünge liegen vermutlich im östlichen Mittelmeergebiet, wo er schon früh domestiziert wurde (Fünftes Buch Mose, Kapitel 6, Vers 11). Er gedeiht auf kargen Böden, erträgt Trockenheit und wird mit zunehmendem Alter widerstandsfähiger (Psalm, Kapitel 128, Vers 3). Diese Eigenschaften machten ihn zu einem Sinnbild für Beständigkeit (Buch Jeremia, Kapitel 11, Vers 16). Gleichzeitig war er wirtschaftlich unverzichtbar. Olivenöl diente als Nahrungsmittel, Brennstoff, Heilmittel und Kultsubstanz (2. Buch Mose, Kapitel 27, Vers 20; Buch Jesaja, Kapitel 1, Vers 6). Seine Bedeutung reichte weit über den praktischen Nutzen hinaus, weil es den Alltag mit dem Spirituellen verband (1. Buch Samuel, Kapitel 16, Vers 13).
Auch der Weinstock ist ein Kind dieser Landschaft. Ursprünglich aus dem Kaukasusraum stammend, fand er im mediterranen Klima ideale Bedingungen (Psalm, Kapitel 80, Verse 9-12). Weinbau erforderte Wissen, Geduld und Pflege (Buch Jesaja, Kapitel 5, Verse 1-7). Reben mussten geschnitten, gebunden und geschützt werden (Evangelium nach Johannes, Kapitel 15, Verse 1-2). Sie reagierten sensibel auf Wetter und Boden. Genau diese Verletzlichkeit machte sie zu einem starken Bild für menschliches Leben (Buch Hosea, Kapitel 10, Vers 1). Ohne Pflege keine Frucht, ohne Verbindung kein Wachstum (Evangelium nach Johannes, Kapitel 15, Vers 4-5). Die Landschaft der Bibel ist deshalb keine wilde Natur, sondern eine Kulturlandschaft, in der Mensch und Pflanze miteinander verwoben sind (Genesis, Kapitel 2, Vers 15).
Feigenbäume, Granatäpfel, Dattelpalmen und Johannisbrot prägten Gärten, Wege und Oasen (Fünftes Buch Mose, Kapitel 8, Vers 8; Richter, Kapitel 20, Verse 45-47). Viele dieser Pflanzen stammen aus Regionen mit ähnlichen klimatischen Bedingungen, wurden aber über Handelswege verbreitet (1. Könige, Kapitel 10, Vers 2). Die biblische Welt war kein isolierter Raum. Karawanen brachten Samen, Stecklinge, Gewürze und Wissen (Genesis, Kapitel 37, Vers 25). Pflanzen wanderten, passten sich an, wurden Teil neuer Landschaften. Diese Bewegung spiegelt sich auch im Text wider, in dem Pflanzen oft mit Fremdsein, Ankommen und Verwurzelung verbunden sind (Psalm, Kapitel 92, Verse 13-15).
Besonders in den trockenen Gebieten spielte die Anpassungsfähigkeit der Vegetation eine entscheidende Rolle. Sträucher mit Dornen, widerstandsfähige Kräuter und tief wurzelnde Bäume konnten selbst in steinigen Regionen überleben (Buch Jesaja, Kapitel 35, Verse 1-2). Sie prägten das Bild der Steppe und der Wüste, Orte, die in der Bibel sowohl als Bedrohung als auch als Rückzugsraum erscheinen (2. Buch Mose, Kapitel 3, Verse 1-2; Buch Hosea, Kapitel 2, Verse 16-17). Hier zeigt sich eine weitere Dimension der Pflanzenwelt: Sie markieren Grenzen des Lebens, aber auch dessen Zähigkeit (Buch Hiob, Kapitel 14, Verse 7-9). Wo noch etwas wächst, ist Hoffnung (Buch Jesaja, Kapitel 41, Verse 18-19).
Die Menschen der biblischen Zeit verstanden diese Zusammenhänge intuitiv. Landwirtschaftliche Regeln, wie sie in den Texten beschrieben werden, zeugen von einem erstaunlichen ökologischen Bewusstsein (3. Buch Mose, Kapitel 25, Verse 2-7). Felder sollten ruhen, Bäume geschont, Erträge geteilt werden (Fünftes Buch Mose, Kapitel 20, Vers 19; 3. Buch Mose, Kapitel 19, Verse 9-10). Diese Praktiken entstanden nicht aus romantischer Naturverbundenheit, sondern aus Erfahrung. Übernutzung führte zu Erschöpfung, Vielfalt zu Stabilität (Sprüche, Kapitel 12, Vers 10). Pflanzen waren Partner, keine bloße Ressource.
Heute leben wir in einer völlig anderen Beziehung zur Pflanzenwelt. Klimazonen werden technisch überwunden, Lebensmittel sind global verfügbar, Wachstum wird beschleunigt (Prediger, Kapitel 1, Vers 9). Gleichzeitig stehen wir vor Herausforderungen, die denen der biblischen Welt erstaunlich ähneln. Wasserknappheit, Bodenerosion, Klimaveränderungen und der Verlust an Biodiversität betreffen vor allem jene Regionen, aus denen die biblischen Pflanzen stammen (Buch Hosea, Kapitel 4, Verse 1-3).
In diesem Kontext gewinnen die alten Pflanzen neue Aktualität. Olivenbäume, die Jahrhunderte überdauert haben, zeigen, was Anpassung bedeutet (Buch Sacharja, Kapitel 4, Vers 3). Getreidesorten, die mit wenig Wasser auskommen, werden wieder interessant (Psalm, Kapitel 147, Verse 8-9). Kräuter, die Hitze und Trockenheit lieben, finden ihren Platz in modernen Gärten (Hoheslied, Kapitel 4, Verse 14). Die Pflanzen der Bibel sind keine Relikte, sondern Lehrmeister (Buch Hiob, Kapitel 12, Verse 7-8).
Auch im übertragenen Sinn bleibt ihre Botschaft relevant. Die biblischen Texte nutzen Pflanzenbilder, weil sie universell verständlich sind (Markus, Kapitel 4, Verse 26–29). Wachstum braucht Zeit (Jakobus, Kapitel 5, Vers 7). Fruchtbarkeit ist nicht erzwingbar. Ohne Wurzeln keine Standfestigkeit (Jeremia, Kapitel 17, Verse 7-8). Diese Bilder entstehen aus konkreter Naturbeobachtung. Wer einmal gesehen hat, wie ein Feigenbaum nach der Trockenzeit wieder austreibt, versteht Hoffnung anders (Markus, Kapitel 13, Vers 28). Wer erlebt, wie ein Feld nach Regen zum Leben erwacht, begreift Dankbarkeit körperlich (Psalm, Kapitel 126, Verse 5-6).
In der heutigen Gartenkultur lässt sich diese Verbindung wiederentdecken. Wer mediterrane Pflanzen kultiviert, muss lernen, zurückhaltend zu sein (Sprüche, Kapitel 25, Vers 16). Zu viel Wasser schadet, zu viel Pflege schwächt. Der Garten wird zum Lernort, an dem alte Prinzipien neu erfahrbar werden (Buch Jesaja, Kapitel 61, Vers 11). Dabei geht es nicht um Nachahmung, sondern um Übersetzung.
So betrachtet ist die Pflanzenwelt der Bibel kein abgeschlossenes Kapitel, sondern ein fortlaufender Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart (Römer, Kapitel 15, Vers 4). Sie verbindet Landschaften, Klimazonen und Kulturen. Sie erinnert daran, dass menschliche Geschichte immer auch Umweltgeschichte ist (Psalm, Kapitel 24, Vers 1).
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Pflanzen mehr sind als botanische Einheiten oder literarische Symbole. Sie sind Ausdruck einer Lebensweise, die auf Beobachtung, Geduld und Respekt basiert (Sprüche, Kapitel 6, Verse 6-8). In einer Zeit, in der ökologische Fragen immer drängender werden, lohnt es sich, diesen grünen Faden wieder aufzunehmen. Nicht aus Nostalgie, sondern aus Verantwortung (Genesis, Kapitel 2, Vers 15). Denn die Landschaften, aus denen die biblischen Pflanzen stammen, erzählen eine Geschichte, die noch nicht zu Ende ist – und in der wir längst selbst mitgeschrieben haben (Offenbarung, Kapitel 22, Verse 1-2).
Quellen:
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, revidierte Ausgabe 2016, Katholische Bibelanstalt GmbH / Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2016, ISBN 978‑3‑460‑44000‑8
Lutherbibel 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2017, ISBN 978‑3‑438‑03368‑4
Zürcher Bibel, revidierte Ausgabe, Theologischer Verlag Zürich 2015, ISBN 978‑3‑85995‑233‑5
Gute Nachricht Bibel, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, ISBN 978‑3‑438‑01620‑5
Pflanzen in der Bibel – Wikipedia
Pflanzen der Bibel | Hauenstein AG
www.die-bibel.de/ressourcen/wibilex/altes-testament/pflanze
Pflanzen der Bibel – so wird Ihr Garten zum Paradies - Samenhaus Gartenblog
Die mediterranen Pflanzen der Bibel - Olive, Feige, Granatapfel & Co.
Buch: Die Pflanzen der Bibel kennen und kultivieren von Wolfgang Kawollek, Henning Falk











