Wegerich – die Wild- und Heilpflanze im Portrait

Alexandra Wizemann

Die Gattung der Wegeriche (Plantago) ist groß und vielfältig und doch fallen die kleinen, unscheinbaren Pflanzen nur wenigen auf. 

Dabei folgen sie den Menschen quasi auf Schritt und Tritt. Der deutsche Name „Wegerich“ stammt wohl daher, dass Wegeriche häufig entlang von Wegen wachsen. Eine amerikanische indigene Bevölkerungsgruppe bezeichnet den Wegerich gar als „Fußstapfen des weißen Mannes“, da er seit dem Auftauchen von Europäern auf dem amerikanischen Kontinent zu finden ist. Und selbst der wissenschaftliche Name Plantago leitet sich wohl vom lateinischen „planta“ ab, was so viel wie Fußsohle bedeutet.


Wegeriche können sehr unterschiedlich sein. Es gibt sie sowohl als Kraut als auch in Strauchform. Allen gemein sind allerdings ihre besonderen Blätter, deren Blattadern immer parallel zueinander verlaufen anstatt, wie bei vielen Pflanzen üblich, vernetzt. Die bei uns in Deutschland bedeutendsten Arten sind der Mittlere Wegerich (Plantago media), Spitzwegerich (Plantago lanceolata) und Breitwegerich (Plantago major). Sie lassen sich leicht daran erkennen, dass alle Blätter in einer Rosette direkt am Boden angeordnet sind. Wegeriche kommen in unterschiedlichen Arten auf der ganzen Welt vor. Obwohl es wohl um die 190 Arten an Wegerichen gibt, sind bei uns vor allem nur zwei Arten bekannt: der Spitzwegerich und der Breitwegerich. Beide Arten stammen aus Europa oder Eurasien und sind heute weltweit verbreitet. Zumindest für die meisten Europäer sind diese beiden der Inbegriff eines Wegerichs: Die beiden Arten sind extrem anpassungsfähig und robust. Bei uns in Europa gibt es allerdings noch einige weitere Arten wie den Mittleren Wegerich oder Spezialisten wie den Strand-Wegerich (Plantago maritima) und den Berg-Wegerich (Plantago atrata). [1]


Spitzwegerich

Spitzwegerich ist ein wertvolles Heilkraut, das unterwegs sehr nützlich sein kann, beispielsweise im Fall von Insekten- oder Brennnesselstichen. Es wächst entlang vieler Wege auf der ganzen Welt und kann das Laufen auf eben jenen Wegen deutlich erleichtern. Bei Blasen und Verletzungen am Fuß schafft der Spitzwegerich nämlich Milderung. [2]

Der Spitzwegerich war ursprünglich nur in Europa beheimatet. Inzwischen ist er weltweit verbreitet. Er kommt häufig in Fettwiesen, in Parkrasen (dort vor allem in seiner mageren Ausbildungsform), an Wegen und in Äckern vor. [3]


Vegetative Merkmale Spitzwegerich

Der Spitzwegerich ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 50 Zentimetern erreicht. Die reichverzweigte Wurzel kann bis zu 60 cm in die Tiefe reichen. Die in einer grundständigen Rosette stehenden Laubblätter sind ungestielt. Die einfache Blattspreite ist spitz, schmal und lanzettlich. [4]


Generative Merkmale Spitzwegerich

Die Blütezeit reicht von Mai bis September. Auf einem langen 5-furchigen Schaft steht ein dichter, walzenförmiger, ähriger Blütenstand. Die verhältnismäßig kleinen, unscheinbaren Blüten sind zwittrig. [5]
 

Breitwegerich

Der Breitwegerich ist ein naher Verwandter des Spitzwegerichs. Das sehr tritttolerante Gewächs hat die gleichen heilsamen Eigenschaften wie dieser. Doch auch im Aussehen gleichen sich die beiden Pflanzen sehr. [6]

Ursprünglich in Europa heimisch, hat sich diese Pflanzenart (mittelhochdeutsch wëgerīch) inzwischen weltweit verbreitet. Da der Breitwegerich (ebenso wie der Spitzwegerich) zu den „trittfesten“ Pflanzen gehört, ist er ein Anzeiger für häufig begangene Stellen.

Diese Pflanzenart ist sehr widerstandsfähig. Sie wächst auch in Pflasterritzen und auf häufig betretenen Rasenflächen. Der Breitwegerich ist wenig empfindlich gegen Salze und kann dank seiner bis zu 80 cm langen Wurzel auch auf verdichteten Böden wachsen. [7]


Vegetative Merkmale Breitwegerich

Der Breitwegerich oder Große-Wegerich wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht eine Wuchshöhe zwischen 3 und 25 cm. Sie bildet ein Rhizom als Überdauerungsorgan. Die in einer grundständigen Blattrosette angeordneten Laubblättern sind löffelförmig und handtellergroß. Die einfache Blattspreite ist eiförmig bis elliptisch und kahl bis dicht, kurz behaart. [8]


Generative Merkmale Breitwegerich

Die Blütezeit reicht von Juni bis Oktober. Endständig auf einem blattlosen Blütenstandsschaft, der etwa so lang oder kürzer als die Laubblätter und höchstens zweimal so lang wie der Fruchtstand ist, steht aufrecht ein ähriger Blütenstand. Die Blüten sind geruchlos. Die grünlichen bis weißlichen Staubfäden sind etwa 2 mm lang und die verkehrt-herzförmigen Staubbeutel sind etwa so lang wie breit. Der Pollen wird durch Windbestäubung verbreitet.

Die Frucht enthält meist 6 bis 30, selten bis zu 46 Samen. [9]


Bestäubung

Sowohl Spitz- als auch Breit- Wegerich sind windblütig und besitzen vorweibliche Blüten. Eine Bestäubung durch pollensuchende Insekten ist möglich. Beim Spitzwegerich sind die Samen weniger quellfähig als beim Breitwegerich. Die vegetative Vermehrung erfolgt durch Wurzelsprosse.

Die Verbreitung erfolgt über die klebrigen Samen, die an Tierpfoten, Schuhen und Rädern haften.

Die Samen sind Licht- und Kältekeimer. [10]


Einige morphologisch ähnliche Arten

Spitz- und Breit- Wegerich können miteinander und mit dem Mittleren (Plantago media) verwechselt werden.

  

Verwendung

Während der Spitzwegerich in der Küche durch seine hohe Biomasse glänzt, hat der Breitwegerich deutlich mehr an Samen zu bieten. Nach der Blüte kann man die reifen Samen von den langen Ähren des Breitwegerichs ernten und anschließend trocknen oder in der Pfanne leicht anrösten. Sehr lecker ist das Ganze im Salat, Müsli oder als Gewürz in selbstgebackenem Brot.

Die langen Blütenstände können Sie frisch in den Salat geben.

Im Herbst, kurz bevor es so richtig kalt wird, schlägt die Stunde des Wurzelgemüses. Eine leckere Ergänzung zu Karotte, Wurzelpetersilie und Co. kann die Wurzel des Spitz- oder Breit-Wegerichs sein. Die gesäuberte Wurzel kann zusammen mit dem anderen Gemüse in der Pfanne angedünstet werden.

Natürlich lassen sich auch die Blätter des Breitwegerichs ernten und zum Kochen verwenden, doch ist die Ernte beim verwandten Spitzwegerich deutlich ergiebiger. [11]


Heilpflanze

Die beiden Heilpflanzen Spitz- und Breitwegerich sind schon seit langem bekannt. Die enthaltenen Schleimstoffe helfen bei angegriffenen Schleimhäuten und die Kieselsäure stärkt das Gewebe. Das ebenfalls enthaltene Aucubin wirkt entzündungshemmend und zudem reizmildernd.

Zusammen ergeben all diese Inhaltsstoffe den perfekten Mix und haben den Spitz- und den Breitwegerich zu zwei sehr vielseitig anwendbaren Heilpflanzen gemacht. Beide Arten haben die gleiche Wirkung und Anwendungsweise, die Heilwirkung des Spitzwegerichs ist jedoch geringfügig größer als die des Breitwegerichs. [12]


Aphrodisiakum, Zaubermittel und Ritualgewächs

Im Volksglauben diente der Spitzwegerich zur Abwehr unerwünschter Liebe oder als Mittel, um die Liebe eines Menschen zu gewinnen. [13]


Etymologie und Nutzungsgeschichte

Die Bezeichnung „Wegerich“ (vermutlich in Analogie zu Personennamen wie Friedrich oder Dietrich gebildet) ist wohl nicht als „Wegbeherrscher“ zu interpretieren, sondern deutet auf den Standort an Wegen hin. Der Name Plantago leitet sich vom lateinischen „Planta“ für Fußsohle ab.

Bereits in der Antike, aber auch in Shakespeares Romeo und Julia, wurden die Blätter des Wegerichs (hier vor allem Plantago maior L. oder Plantago lanceolata L.) auf Wunden und entzündete Stellen aufgelegt. Seltener wurde auch die Wegerichwurzel (z. B. bei Menstruationsbeschwerden) angewandt. Die antiken Ärzte Galenos und Dioscurides zählen in ihren Schriften zahlreiche Anwendungsgebiete für den Wegerich auf, v. a. soll er bei allen bösartigen Geschwüren, Flüssen, Fäulnisprozessen, Ruhr, Blutungen angewendet werden. Nach Dioscurides hilft der Wegerich auch Epileptikern und Asthmatikern. Dioscurides unterschied in der Materia medica bereits einen kleinen von einem großen Wegerich. Galenos klassifiziert den Wegerich im Sinne der Humoralpathologie als gemischt zusammengesetztes einfaches Arzneimittel mit den Qualitäten feucht und kalt sowie trocken und kalt, woraus er die verschiedenen Indikationen ableitet. [14]


[1] www.plantura.garden/gartentipps/krauterratgeber/wegerich-wildes-kraut-mit-heilender-wirkung

[2] www.plantura.garden/gartentipps/krauterratgeber/wegerich-wildes-kraut-mit-heilender-wirkung

[3] de.wikipedia.org/wiki/Spitzwegerich

[4] de.wikipedia.org/wiki/Spitzwegerich

[5] de.wikipedia.org/wiki/Spitzwegerich

[6] www.plantura.garden/gartentipps/krauterratgeber/wegerich-wildes-kraut-mit-heilender-wirkung

[7] de.wikipedia.org/wiki/Breitwegerich

[8] de.wikipedia.org/wiki/Breitwegerich

[9] de.wikipedia.org/wiki/Breitwegerich

[10] de.wikipedia.org/wiki/Spitzwegerich und de.wikipedia.org/wiki/Breitwegerich

[11] www.plantura.garden/gartentipps/krauterratgeber/wegerich-wildes-kraut-mit-heilender-wirkung

[12] www.plantura.garden/gartentipps/krauterratgeber/wegerich-wildes-kraut-mit-heilender-wirkung

[13] sprengel.wordpress.com/category/heilpflanzen-mythologie-und-volksglaube

[14] de.wikipedia.org/wiki/Wegeriche

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Wer heute nach Teamregeln, Führungstools oder Kooperationsmodellen sucht, landet schnell bei Flipcharts, Moderationskarten und englischen Buzzwords. Die Natur war da deutlich früher – und erheblich effizienter. Lange bevor Menschen begannen, über Zusammenarbeit nachzudenken, hatten Tiere sie bereits perfektioniert. Nicht aus Nettigkeit, sondern aus Notwendigkeit. Teamverhalten ist in der Natur kein Wohlfühlkonzept, sondern eine Überlebensstrategie. Und genau deshalb lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Als Naturcoach und psychologische Beraterin fasziniert mich dabei weniger die romantische Vorstellung vom harmonischen Tierteam, sondern die ehrliche Realität: Tiere kooperieren, wenn es sinnvoll ist. In meiner Arbeit nutze ich genau solche Beobachtungen aus der Natur, um Teams einen Perspektivwechsel zu ermöglichen – jenseits von Methoden und Modellen. Beginnen wir mit einer der eindrucksvollsten Teamleistungen der Vogelwelt: dem Starengemurmel. Tausende Stare bewegen sich dabei wie eine einzige, atmende Masse durch den Himmel. Kein Anführer, kein Regisseur, kein zentrales Kommando – und doch absolute Synchronität. Der Grund ist denkbar pragmatisch: Raubvögel wie Falken können sich kaum auf ein einzelnes Ziel konzentrieren. Der Schwarm schützt jedes einzelne Tier durch pure Kooperation. Kein Vogel ist wichtiger als der andere, und genau das macht alle sicherer. Ein Prinzip, das auch in menschlichen Teams erstaunlich gut funktioniert – zumindest solange niemand versucht, sich dauerhaft in den Mittelpunkt zu drängen. Ähnlich klar organisiert ist die Zusammenarbeit bei Wölfen – allerdings weniger hierarchisch, als lange angenommen wurde. Moderne Verhaltensforschung zeigt: Ein Wolfsrudel ist meist eine Familiengemeinschaft, bestehend aus einem Elternpaar und dessen Nachwuchs. Entscheidungen entstehen oft situativ und kooperativ. Das berühmte Heulen ist kein Ausdruck von Romantik, sondern ein hochfunktionales Kommunikationsmittel. Wölfe heulen, um sich zu sammeln, um Kontakt zu halten, um Zugehörigkeit zu klären. Gejagt wird gemeinsam, aber nicht nach starren Befehlen, sondern mit flexiblen Rollen, die sich je nach Situation und Erfahrung der Tiere verändern. Führung ist hier kein Dauerstatus, sondern eine Aufgabe auf Zeit – übernommen von dem Tier, das gerade die besten Voraussetzungen mitbringt. Das spart Energie. Und erstaunlich viele Konflikte. Auch Ameisen sind Meisterinnen der effizienten Zusammenarbeit – und das ganz ohne Chefetage. Besonders faszinierend ist ihr sogenannter Tandemlauf. Dabei führt eine erfahrene Ameise eine andere gezielt zu einer Nahrungsquelle. Die Geführte bleibt durch ständigen Kontakt in der richtigen Richtung, lernt den Weg und kann ihn später selbstständig nutzen. Wissen wird nicht abstrakt vermittelt, sondern im Tun weitergegeben. Viele moderne Führungskräfte würden dafür ein Tagesseminar buchen. Manche Tierarten treiben Teamarbeit sogar in eine ästhetische Dimension. Flamingos etwa versammeln sich zu Tausenden und führen synchronisierte Gruppentänze auf. Beine heben, drehen, schreiten – alles gleichzeitig. Das sieht spektakulär aus, erfüllt aber einen klaren Zweck: Es stärkt den Zusammenhalt und spielt eine zentrale Rolle bei der Partnerwahl. Wer aus dem Takt gerät, fällt auf. Auch Delfine sind bekannt für ihre synchronen Bewegungen. Sie schwimmen abgestimmt, führen gemeinsame Pirouetten aus, helfen verletzten Artgenossen und lösen Probleme kooperativ. Empathie ist hier kein sentimentaler Zusatz, sondern Teil der Überlebensstrategie. Besonders spannend wird Zusammenarbeit dort, wo sie Artgrenzen überschreitet. In der Natur nennt man das Symbiose – Zusammenleben zum gegenseitigen Vorteil. Ein klassisches Beispiel ist die Beziehung zwischen Clownfisch und Seeanemone. Die Anemone ist mit giftigen Nesselkapseln bewaffnet, die selbst große Räuber vertreiben. Der Clownfisch jedoch lebt geschützt zwischen ihren Tentakeln, da seine Haut chemisch so getarnt ist, dass die Anemone ihn nicht als Fremdkörper erkennt. Im Gegenzug vertreibt der Clownfisch Fressfeinde der Anemone. Schutz gegen Verteidigung. Klarer Deal, klare Rollen. Auch Wölfe arbeiten artübergreifend – etwa mit Kolkraben. Die Vögel entdecken aus der Luft Kadaver oder verletzte Tiere, die Wölfe öffnen mit ihren Zähnen die dicke Haut. Erst dann können beide fressen. Ohne Absprache, aber mit gegenseitigem Nutzen. Vertrauen entsteht hier nicht aus Sympathie, sondern aus Erfahrung. Im Korallenriff übernehmen Putzerfische die Rolle mobiler Zahnärzte. Große Fische öffnen bereitwillig ihr Maul und lassen Parasiten und Essensreste entfernen. Eine riskante, aber lohnende Kooperation. Allerdings gibt es Betrüger: Fische, die sich als Putzer tarnen, zubeißen und fliehen. Die Folge ist Misstrauen. Manche Räuber fressen lieber den Putzerfisch, als sich auf die Reinigung einzulassen. Auch das ist Natur: Kooperation braucht Verlässlichkeit – sonst endet sie abrupt. Nicht jede Symbiose ist so ausgewogen, wie sie lange schien. Beim Madenhacker etwa, der auf Antilopen, Büffeln oder Nashörnern sitzt, zeigte sich erst spät: Er frisst nicht nur Parasiten, sondern oft auch Fleisch aus offenen Wunden. Die Beziehung nützt häufig mehr dem Vogel als dem Säugetier. Zusammenarbeit ist also nicht automatisch fair. Ein wichtiger Hinweis für alle, die Teamarbeit idealisieren. Dass Kooperation sogar hochgradige kognitive Leistungen erfordert, zeigen aktuelle Forschungen zur gemeinsamen Jagd von Oktopussen und Rifffischen. Der Biologe Eduardo Sampaio und sein Team konnten nachweisen, dass diese Tiere ihr Verhalten flexibel aufeinander abstimmen. Die Fische zeigen dem Oktopus versteckte Beute, der Oktopus scheucht sie heraus oder umschlingt sie mit seinen Armen. Wer die Zusammenarbeit ausnutzt, riskiert Sanktionen. Kooperation erfordert Wahrnehmung, Lernen – und soziale Kontrolle. Besonders aufschlussreich ist auch der Vergleich zwischen Wolf und Hund. Obwohl Hunde als besonders kooperativ gelten, schneiden sie in Tests zur Zusammenarbeit mit Artgenossen schlechter ab als Wölfe. In Experimenten, bei denen zwei Tiere gleichzeitig an einem Seil ziehen mussten, um an Futter zu kommen, warteten Wölfe geduldig aufeinander und koordinierten ihr Handeln. Hunde agierten häufiger individuell. Die Erklärung ist simpel und unbequem: Hunde sind auf Kooperation mit Menschen selektiert – nicht mit ihresgleichen. Teamfähigkeit ist also keine Selbstverständlichkeit, sondern kontextabhängig. Ein Extrembeispiel für kompromisslose Zusammenarbeit liefern Nacktmulle. Blind, haarlos und fast schmerzunempfindlich leben sie in Kolonien von bis zu 300 Tieren unter der Erde. Es gibt eine Königin, Arbeiter und Soldaten, klare Aufgaben und sogar eigene Dialekte. Effizienz und Spezialisierung sind hier perfekt – individuelle Freiheit spielt keine Rolle. Bewundernswert, ja. Erstrebenswert für menschliche Teams? Eher nicht. Denn natürlich hat Zusammenleben auch Nachteile. Konkurrenz um Nahrung, Rangkämpfe, Krankheiten und Parasiten gehören ebenso dazu. Tiergruppen müssen ständig abwägen, ob Kooperation sich lohnt. Gruppengröße, Verwandtschaft, Lebensraum und Jahreszeit entscheiden darüber, ob Teamarbeit Vorteile bringt oder zur Belastung wird. Und genau hier liegt die wichtigste Lehre für uns Menschen: Gute Teams entstehen nicht aus Harmonieversprechen, sondern aus Klarheit. Klare Kommunikation, verlässliche Rollen, gegenseitiger Nutzen und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Tiere zeigen uns nicht, wie man nett zusammenarbeitet – sondern wie man wirksam zusammenlebt. Vielleicht ist das der größte Mehrwert der Natur für Coachingprozesse: Sie erlaubt uns, Teamverhalten jenseits von Moral und Ideologie zu betrachten. Ehrlich, funktional und oft erstaunlich humorvoll. Denn manchmal reicht ein Blick ins Starengemurmel, um zu erkennen: Wenn alle versuchen, der Falke zu sein, wird das Team sehr schnell sehr klein. Quellen: Teamwork - 3sat-Mediathek Symbiose: Warum sich Tierarten zusammentun - [GEOLINO] Tiere als Teamplayer: Was wir von ihnen für die Zusammenarbeit im Job lernen können - Heidrun Jürgens Personaldienstleistungen Tierische Allianzen | campus.kn Wölfe sind die besseren Teamplayer - wissenschaft.de Wie leben Tiere zusammen - VRM Wochenblätter Natho, F. (2005). Die Lösung liegt im Team. Handbuch zur Arbeit mit der Skalierungsscheibe. Dessau: Gamus. Frank Natho systhema 3/2007 · 21. Jahrgang · Seite 357-370
von Alexandra Abredat 14. Dezember 2025
Wenn der Herbst die Gärten leiser macht und die letzten Blüten verblassen, beginnt für Schmetterlinge eine Zeit der Entscheidung. An milden Oktobertagen sitzt vielleicht noch ein Zitronenfalter reglos im Laub, als hätte ihn jemand vergessen. Kein Flattern, kein Suchen nach Nektar – nur Stille. Während wir Fenster schließen und Jacken hervorholen, prüfen Schmetterlinge ihre Optionen: bleiben oder gehen, erstarren oder reisen, sich verbergen oder verwandeln. Die meisten verschwinden aus unserem Blickfeld – und genau hier beginnt das große Missverständnis. Denn Schmetterlinge sind im Winter keineswegs verschwunden. Sie sind nur anders da: als Ei, als Raupe, als Puppe, als scheinbar lebloser Falter im Verborgenen oder auf dem Weg in den Süden. Bleiben oder gehen – die erste Entscheidung Nicht alle Schmetterlinge stellen sich dem Winter in Deutschland. Einige wählen den radikalsten Weg: die Flucht. Zu diesen sogenannten Wanderfaltern gehören Admiral, Distelfalter, Taubenschwänzchen oder Windenschwärmer. Sie verlassen Mitteleuropa im Herbst und ziehen Richtung Südeuropa oder sogar bis nach Afrika. Dabei legen sie Strecken von mehreren hundert bis zu über zweitausend Kilometern zurück. Orientierung bieten ihnen Sonnenstand, Landschaftsstrukturen und das Erdmagnetfeld. Der Winter wird also nicht „überstanden“, sondern schlicht umgangen. Erst ihre Nachkommen oder zurückkehrende Generationen tauchen im Frühjahr wieder bei uns auf. Diese Wanderungen sind keine romantischen Ausflüge, sondern eine nüchterne energetische Entscheidung: Wo es keine Nahrung gibt, lohnt sich kein Verharren. Ausharren als Falter – Überwintern im Stillstand Nur wenige unserer heimischen Tagfalter überstehen den Winter als ausgewachsener Schmetterling. In Baden-Württemberg sind es lediglich sechs Arten: Tagpfauenauge, Kleiner und Großer Fuchs, C-Falter, Trauermantel und der Zitronenfalter. Sie suchen im Spätherbst geschützte Orte auf – Baumhöhlen, Felsspalten, Holzschuppen, Scheunen, Keller oder Dachböden. Dort hängen sie reglos, oft kopfüber, und fallen in eine Winterstarre. Winterstarre bedeutet: Der Stoffwechsel wird auf ein Minimum heruntergefahren, Bewegung eingestellt, Energie gespart. Jeder unnötige Reiz kostet Reserven. Genau hier lauert eine der größten Gefahren durch den Menschen: die sogenannte Wärmefalle. Steigt die Umgebungstemperatur dauerhaft über etwa zwölf Grad – etwa durch eine Heizung – erwachen die Falter. Sie flattern umher, verbrauchen Energie, finden aber keine Nahrung. Bleiben sie in der Wärme, verhungern sie. Setzt man sie unbedacht ins Freie, droht der Kältetod. Entscheidend ist daher ein kühler, frostfreier Ort mit der Möglichkeit, im Frühjahr wieder ins Freie zu gelangen. Der Sonderfall Zitronenfalter – Frostschutz aus eigener Produktion Der Zitronenfalter nimmt unter den heimischen Arten eine Sonderstellung ein. Er überwintert als einziger mitteleuropäischer Schmetterling ungeschützt im Freien, oft im trockenen Laub am Boden oder am Fuß von Bäumen. Möglich macht das ein körpereigenes Frostschutzsystem: Durch die Anreicherung seiner Körperflüssigkeiten mit Glycerin, Sorbit und Eiweißen senkt er den Gefrierpunkt so stark ab, dass Temperaturen bis minus zwanzig Grad überstanden werden können. Selbst schneebedeckte Zitronenfalter wurden schon gefunden – reglos, aber lebendig. Diese Fähigkeit erklärt auch sein ungewöhnlich langes Leben: Während viele Falter nur wenige Wochen leben, kann der Zitronenfalter fast ein Jahr alt werden. Er legt lange Ruhephasen ein – im Sommer wie im Winter – und startet im Frühjahr oft als einer der ersten Schmetterlinge in die neue Saison. Verwandlungspause – Winter als Entwicklungszeit Für die Mehrheit der Schmetterlinge gilt jedoch: Nicht das erwachsene Tier überlebt den Winter, sondern der Lebenszyklus. Viele Arten sterben im Herbst nach der Fortpflanzung. Gesichert wird nicht das Individuum, sondern die nächste Generation. Ein Teil der Arten überwintert als Puppe. Schwalbenschwanz, Aurorafalter oder Landkärtchen sind dann gut geschützt in einer Chitinhülle, angeheftet an Pflanzenstängeln, verborgen im Boden oder eingesponnen in Kokons. Andere Arten gehen als Raupe in den Winter – etwa Bläulinge, Schillerfalter oder das Schachbrett. Manche verkriechen sich unter Rinde oder Laub, andere bauen sich spezielle Gespinste, sogenannte Hibernarien. Wieder andere harren nahezu schutzlos an ihren Futterpflanzen aus. Auch das Ei kann ein Winterquartier sein, etwa beim Apollofalter oder Nierenfleck-Zipfelfalter. Winzig, unscheinbar und erstaunlich widerstandsfähig trotzen diese Entwicklungsstadien Frost, Trockenheit und Zeit. Energie sparen um jeden Preis Allen Strategien gemeinsam ist ein zentrales Prinzip: Energie. Im Winter gibt es keine Blüten, keinen Nektar, kaum Möglichkeiten zur Nahrungsaufnahme. Deshalb wird gespart, gedrosselt, stillgelegt. Jede Störung – Bewegung, Wärme, falsches Umsetzen – kann den fein austarierten Energiehaushalt kippen. Der Winter ist für Schmetterlinge keine Schlafenszeit, sondern ein biologischer Ausnahmezustand. Klimawandel – wenn der Winter aus dem Takt gerät Zunehmend problematisch sind milde Winterphasen. Warme Tage im Februar oder März können überwinternde Falter aus der Starre holen. Sie erwachen, finden jedoch noch keine Nahrung. Kommt danach erneut Frost, überleben viele diese zweite Kältephase nicht. Der Klimawandel verändert damit nicht nur Temperaturen, sondern ganze Zeitpläne – und stellt besonders überwinternde Falter vor neue Risiken. Was wir tun können – helfen durch Nichtstun Der wichtigste Beitrag des Menschen ist oft Zurückhaltung. Wer überwinternde Falter entdeckt, sollte sie nicht stören. Gärten profitieren von Unordnung: liegen gelassenes Laub, stehen gelassene Stängel, Reisig- und Steinhaufen bieten lebenswichtige Winterquartiere. Gartenhäuser, Schuppen oder unbeheizte Garagen können helfen – vorausgesetzt, sie bleiben kühl und bieten im Frühjahr einen Ausgang ins Freie. Findet man einen Falter in einem beheizten Raum, ist behutsames Umsiedeln gefragt: vorsichtig in eine Pappschachtel setzen, kühl und frostfrei unterbringen, Flügel niemals berühren. Und im Frühling: Türen, Fenster und Luken öffnen. Wenn dann die ersten sonnigen Tage kommen und ein Zitronenfalter gelb durch den noch kahlen Garten flattert, ist das kein Wunder. Es ist das sichtbare Ende eines langen, stillen Winters – und der Beweis, dass Überleben manchmal vor allem eines braucht: Ruhe. Sonderfall Winterliebe: Der Frostspanner Während die meisten Schmetterlinge den Winter meiden, verschlafen oder in andere Entwicklungsstadien auslagern, gibt es Arten, die der Kälte bewusst entgegentreten. Ein besonders anschauliches Beispiel sind die Frostspanner. Wer im Spätherbst oder frühen Winter nachts durch Wälder oder an Baumreihen entlangfährt, kann sie im Lichtkegel der Scheinwerfer entdecken: kleine, helle Falter, die scheinbar unbeeindruckt von Frost und Dunkelheit umherflattern. Biologisch betrachtet ist dieses Verhalten ebenso kühn wie klug. Beim Kleinen Frostspanner (Operophtera brumata) und beim Großen Frostspanner (Erannis defoliaria) erscheinen die erwachsenen Falter erst sehr spät im Jahr – meist ab November, manchmal sogar noch bei leichtem Frost. Die Männchen sind flugfähig und auf nächtlicher Suche nach Weibchen, die hoch oben in den Baumkronen sitzen. Diese wiederum besitzen keine Flügel. Stattdessen klettern sie an Baumstämmen empor und senden von dort intensive Sexualduftstoffe aus, sogenannte Pheromone, die die Männchen zuverlässig anlocken. Der Winter bietet den Frostspannern dafür ideale Bedingungen. Viele ihrer natürlichen Feinde sind zu dieser Jahreszeit nicht aktiv: Fledermäuse halten Winterruhe, Zugvögel sind längst im Süden, und auch die Konkurrenz anderer Nachtfalter ist minimal. Kälte wird hier nicht zum Hindernis, sondern zur strategischen Bühne für die Fortpflanzung. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre winzigen Eier gut versteckt in Rindenritzen ab. Die erwachsenen Tiere selbst leben nur wenige Tage; ihre Mundwerkzeuge sind verkümmert, Nahrung nehmen sie nicht mehr auf. Im Frühjahr schlüpfen die Raupen pünktlich zum Blattaustrieb. Vor allem die grünen Raupen des Kleinen Frostspanners sind dann gefräßig und können Bäume zeitweise kahl fressen – ein Anblick, der dramatischer wirkt, als er ist. Die meisten Gehölze treiben problemlos wieder aus. In naturnahen Gärten regulieren Vögel wie Kohlmeisen den Raupenbestand ganz von selbst. Eine weitere Besonderheit verbindet die Frostspanner mit anderen Überwinterungsstrategen der Insektenwelt: In ihren ersten Lebenstagen lassen sich die Jungraupen mithilfe feiner Seidenfäden vom Wind verdriften. Dieses sogenannte „Ballooning“ sorgt dafür, dass sich die nächste Generation im Lebensraum verteilt – ein leiser, luftiger Neuanfang nach einem Winter, der für ihre Eltern das Ende bedeutete. Der Frostspanner zeigt damit eindrucksvoll, dass Überwinterung nicht immer Rückzug oder Starre bedeutet. Manchmal heißt sie auch: hinausgehen in die Kälte, wenn sonst niemand mehr unterwegs ist – und genau dort erfolgreich sein. Quellen: Schmetterlingen in der Wohnung helfen Überwinterung der Schmetterlinge, NABU Baden-Württemberg Wie überwintern Schmetterlinge? - Plantura Schmetterlinge überwintern: Hier finden sie ein Winterquartier | kraut&rüben Schmetterlinge im Winter - NABU NRW Frostspanner: Duftendes Liebeswerben in kalten Nächten - NABU aktion tier – Menschen für Tiere e.V.: Überwinterungsstrategien unserer Schmetterlinge und wie man ihnen helfen kann
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